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Mäkrä - Koli-Berge

Schon 2015, während unserer ersten Reise durch Finnland, waren die Koli-Berge ein Ort, der uns begeistert hat und an den wir uns gerne und oft erinnert haben. Und so biegen wir voller Vorfreude von der kaum befahrenen Hauptstraße auf einen holprigen Schotterweg, der uns ein paar Kilometer durch den Wald führt, bis wir schließlich neben einem Holzhaus halten, in dem sich die Rezeption des Koli Freetime-Campingplatzes befindet. Die Besitzer, Nina und Harri, erkennen zunächst unser Auto und kurz darauf kehrt auch die Erinnerung an uns zurück. Wie auch schon vor fünf Jahren wollen wir hier für die kommenden Nächte unser Dachzelt aufschlagen und die Gegend rund um die Koli-Berge erkunden.

Als wir endlich über den weichen, mit knorrigen Wurzeln übersäten Waldboden stapfen und sich immer wieder durch die Bäume hindurch atemberaubende Ausblicke auf den Pielinen-See ergeben, verstehen wir schnell, warum seit Jahrhunderten die Koli-Berge zahlreiche Künstler, Dichter und Fotografen in ihren Bann gezogen und inspiriert haben. Als wären die bewaldeten Hügel, die sich in sanften Wellen bis zum Horizont ziehen und einen wunderbaren Kontrast zu der vom Wind gekräuselten Oberfläche des riesigen Sees, der beinahe doppelt so groß wie der Bodensee ist, nicht schon Augenschmaus genug, scheint sich die Sonne ein Katz- und Maus-Spiel mit den Wolken zu liefern. Die Lichtstimmungen wechseln im Minutentakt; mal wird der strahlend blaue Himmel im See reflektiert und lässt ihn in einem tiefen Blau erscheinen, mal ziehen dicke Wolken auf und das die zahlreichen Inseln umspülende Wasser wirkt beinahe wie Quecksilber.

Die meisten Besucher genießen die Aussicht vom Hauptgipfel, dem Ukko-Koli. Ein freierer Blick auf die Umgebung bietet sich allerdings von einem kleinen, felsigen Plateau etwas unterhalb. Lange sitzen wir hier beinahe alleine und können uns kaum satt sehen an der „schönsten Aussicht des Landes“, zu der die Finnen diesen Blick vor ein paar Jahren gewählt haben.

Wir beobachten ein winzig erscheinendes Segelboot, wie es mit seinem strahlend weißen Segel über die Wasserfläche gleitet.

Als die Sonne schon ein ganzes Stück weiter auf ihrem Weg über den Himmel gezogen ist, reißen wir uns schweren Herzens von diesem Fleckchen Erde los und setzen unseren Weg fort. Vorbei an den weiteren Gipfeln, dem Paha-Koli und Akka-Koli, folgen wir einem Pfad, den wir bisher nicht beschritten haben. Er führt uns durch wunderschöne Mischwälder, in denen die ersten Blätter mancher Birke sich bereits zu verfärben beginnen und die Ruska, den Altweibersommer des Nordens, ankündigen. Der Boden ist bedeckt von Pilzen, Farnen und Blaubeersträuchern und bald beginnt der Weg steil anzusteigen.

Der Schweiß, der uns bald auf die Stirn tritt, lockt die Stechmücken in Scharen an. Der immer beschwerlicher werdende Weg und unser sich dadurch verlangsamendes Tempo machen uns zu einer leichten Beute. Aber rund drei Kilometer vom Ukko-Koli entfernt werden wir für alle Mühe mehr als entlohnt. Eine Lücke im Wald gibt einen unbeschreiblichen Blick auf die Koli-Berge und den Pielinen-See preis. Ein vom Wind krummer Baum, dessen Äste fast wie knorrige Finger erscheinen, bietet sich förmlich als willkommener Vordergrund für Fotos an. Wir haben Glück, für wenige Augenblicke reißt die Wolkendecke auf und die Sonne schickt ihr warmes Abendlicht auf die Szenerie. Nur wenige Wanderer verirren sich an diesen Aussichtspunkt mit dem Namen Mäkrä. Für uns steht fest, dass unser bisher liebster Ausblick starke Konkurrenz bekommen hat.

Vom Koli Freetime-Campingplatz aus können ebenfalls schöne Wanderungen unternommen werden. Eine rund fünf Kilometer lange Runde führt einmal komplett um den Valkealampi-See. Der mit blauen Punkten markierte Pfad ist gut zu begehen und verläuft meist in unmittelbarer Nähe zum Wasser. Daher ist es ratsam, an Schutz gegen Stechmücken zu denken, was wir natürlich nicht getan haben.

Vor uns knistern die Reste des Feuers, auf dem wir unser Abendessen zubereitet haben, und feine Rauchfahnen lösen sich in der kühlen Luft auf. Der Halbmond steht über den von der Abendsonne beschienenen Baumwipfeln und sieht mit den Wolkenfetzen, die er hinter sich herzuziehen scheint, beinahe aus wie ein Komet. Die Windstille sorgt dafür, dass das Wasser des Valkealampi-Sees wie eine Spiegelfläche seine Umgebung einfängt, und erst der langsam aufkommende Nebel sorgt für eine Unterscheidung zwischen Wirklichkeit und Abbild.

Als wir unseren Gedanken nachhängen und die Eindrücke der letzten Tage verarbeiten, bekommen wir einen Anruf von Lauri, den wir in der vorigen Woche auf dem Karhufestivaali in Ilomantsi kennengelernt haben. Das, was er uns zu sagen hat, ändert augenblicklich unsere weiteren Pläne. Wir bauen umgehend unser Dachzelt ab und machen uns auf den Weg zurück nach Ilomantsi. Lauri ist Bärenjäger und gestattet uns, ihn und seine eingeschworene Gruppe am folgenden Tag im Morgengrauen zu treffen und mit der Kamera auf der Jagd zu begleiten.

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